Zugewinnausgleich und Vermögensaufteilung bei der Scheidung

Zugewinnausgleich

Bei der Scheidung wird der Zugewinn geteilt. Unter Zugewinn versteht man das Vermögen, das einer der Ehegatten oder beide gemeinsam während der Ehe erworben haben. Der relevante Zeitraum wird durch zwei Stichtage begrenzt: Einerseits das Datum der Heirat, andererseits der Zeitpunkt der Vermögensaufteilung.  Ist ein Ehepartner schon vorher aus der Ehewohnung ausgezogen, ist der Stichtag der Tag der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Ehepartner.

Jedes Vermögen, das nun von den Ehepartnern zwischen den Stichtagen erworben wurde, ist aufzuteilen. Bestimmte Vermögenswerte sind ausgenommen:

  • In die Ehe eingebrachtes Vermögen, das ist das Vermögen, das jeder Ehepartner schon vor der Heirat besessen hat,
  • Vermögenswerte, die ein Ehepartner vor oder während der Ehe geerbt hat oder die ihm von dritter Seite geschenkt wurden,
  • Sachen, die dem persönlichen Gebrauch oder der Berufsausübung eines Partners dienen,
  • Vermögenswerte, die zu einem Unternehmen gehören, sowie Unternehmensanteile, sofern sie nicht bloße Wertanlagen sind. Auch das Unternehmen selbst ist von der Aufteilung ausgenommen.

Von der Aufteilung ausgenommenes Vermögen

Der Hintergrund dieser Ausnahmebestimmungen ist einerseits, dass nur Vermögen geteilt werden soll, zu dessen Erwerb im weitesten Sinne ein Beitrag beider Ehepartner vorliegt. Bei Erbschaften oder Schenkungen der Eltern eines Partners ist dies zum Beispiel nicht der Fall.

Andererseits wollte der Gesetzgeber den Bestand von Unternehmen durch eine Scheidung nicht gefährden.

Nicht nur die ausgenommenen Werte selbst, sondern auch klar abgrenzbare Surrogate sind von der Aufteilung ausgenommen. Hatte beispielsweise ein Ehegatte vor Eheschließung ein Wochenendhaus, das während der Ehe verkauft wird, unterliegt der Verkaufserlös nicht der Aufteilung.

Zu den persönlichen Sachen eines Ehegatten zählen beispielsweise Kleidung, Schmuck (sofern nicht als Wertanlage gekauft), eine Tauch- und Fotoausrüstung oder auch Schmerzengeldansprüche.

Unter Unternehmen ist jede Art von selbstständiger Erwerbstätigkeit zu verstehen. Dazu zählen zum Beispiel ein Buschenschank, eine Arztpraxis oder ein Friseurbetrieb. Anteile an einer GmbH oder KG sind im Allgemeinen bloße Wertanlagen, die der Aufteilung unterliegen, sofern damit nicht ein maßgeblicher Einfluss auf die Unternehmensführung verbunden ist.

Die Ausnahme für Unternehmen hat zur Folge, dass eheliches Vermögen sobald es in ein Unternehmen investiert ist, der Aufteilung entzogen ist. Das begünstigt den Unternehmensinhaber und benachteiligte den anderen Partner. Seit dem Eherechtsänderungsgesetz 1999 sind solche Vermögensverschiebungen vom Privat- in das Unternehmensvermögen bei der Aufteilung zu berücksichtigen. Der Bestand des Unternehmens darf jedoch nicht gefährdet werden.

Kriterien bei der Aufteilung

Das Vermögen wird nach den Beiträgen jedes Ehegatten zur Vermögensbildung aufgeteilt. Beitrag ist nicht nur der Finanzierungsbeitrag, sondern auch die Haushaltsführung, die Unterhaltsleistung, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder, die Mithilfe im Betrieb des anderen, sonstiger ehelicher Beistand usw. Auch das Wohl gemeinsamer Kinder ist ein Entscheidungskriterium.

Wenn kein krasses Missverhältnis besteht, gehen die Gerichte im Allgemeinen von der Gleichwertigkeit der Beiträge der Ehegatten aus und teilen das Vermögen im Verhältnis 50:50. Dies gilt auch für die Beiträge in einer „Hausfrauenehe“: Verdient ein Partner allein und führt der andere den Haushalt und sorgt für die Kinder, ist meist von gleich zu gewichtenden Beiträgen auszugehen.

Ein Beitrag zur Vermögensschaffung kann auch die Betreuung eines Angehörigen des anderen Ehepartners sein. Auch wenn ein Ehepartner auf Wunsch des anderen seine Arbeit aufgibt, um „ganz für den berufstätigen Partner da zu sein“ oder „weil es die Familie nicht nötig hat“, dass beide arbeiten, ist von gleichwertigen Beiträgen zur Vermögensschaffung auszugehen.

Wenn also ein Alleinverdiener der Familie bei der Scheidung behauptet, dem Partner würde überhaupt nichts zustehen, weil er ja nichts verdient hat, ist dies schlicht und einfach falsch.

Wer schuld ist am Scheitern der Ehe, spielt für die Aufteilung des Vermögens grundsätzlich keine Rolle.

Nur wenn beide Ehepartner einen Vermögenswert bei der Scheidung übernehmen wollen und den anderen auch auszahlen könnten, hätte der, der nicht oder weniger schuld ist am Scheitern der Ehe, den Vorrang. Ansonsten kommt es auf das Verschulden am Scheitern der Ehe nicht an.

Ein Beispiel

Die Ehegatten haben während der Ehe eine Eigentumswohnung gekauft und bezogen. Die Ehefrau war einkommenslos und hat den Haushalt geführt, weshalb der Ehemann allein den Kredit zur Finanzierung der Ehewohnung aufgenommen hat. Deshalb wurde die Ehewohnung auch allein auf seinen Namen gekauft und er allein im Grundbuch eingetragen.

Die Eigentumswohnung hat im Zeitpunkt der Aufteilung einen aktuellen Marktwert von € 200.000,–. Ein restlicher Finanzierungskredit in Höhe von € 100.000,– ist noch offen.

Wie wird die Wohnung bei der Scheidung geteilt?

Eigentumsverhältnisse während der Ehe

Bei der Aufteilung des Vermögens ist auch nicht relevant, in wessen Eigentum ein Vermögenswert während der Ehe stand. Im Beispielsfall ist der Mann Alleineigentümer der Eigentumswohnung. Trotzdem ist die Eigentumswohnung in die Aufteilung miteinzubeziehen. Da die Ehegatten ihre Ehe einvernehmlich gestaltet haben und der Mann damit einverstanden war, dass die Frau den Haushalt führt und zu Hause ist, ist ihr Beitrag zur Vermögensschaffung als gleichwertig anzusehen.

Im Beispielsfall ist die Eigentumswohnung bei der Aufteilung mit einem Wert von € 100.000,– anzusetzen, das ist der Marktwert abzüglich der noch offenen Verbindlichkeit. Dieser Wert der Wohnung ist je zur Hälfte zwischen den Ehegatten zu teilen.

Der Partner, der die Wohnung behalten will, muss daher dem anderen seinen Anteil auszahlen und den Finanzierungskredit künftig alleine zurückzahlen.

Zieht daher die Ehefrau aus, erhält sie vom Ehemann € 50.000,– als Abfindung und umgekehrt. Würden beide Ehepartner die Wohnung behalten wollen und den anderen auszahlen können, hätte der Partner, der nicht oder weniger schuld ist am Scheitern der Ehe, den Vorrang.

Sonderstellung Ehewohnung

Die Ehewohnung nimmt bei der Aufteilung insofern eine Sonderstellung ein, als immer zu berücksichtigen ist, ob ein Ehegatte einen existenziellen Bedarf hat oder gemeinsame Kinder ein besonderes Interesse an der Weiterbenützung der Wohnung haben.

Bei der Ehewohnung geht es um das „Dach über dem Kopf“ und den Lebensmittelpunkt der Familienmitglieder. Die Kinder gehen in der Nähe der Wohnung in die Schule, haben ihre Freunde dort, die Betreuung ist organisiert und bei einer Übersiedlung würden sie aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen. Solche Konsequenzen sollten bei der  Aufteilung nach Billigkeit vermieden werden.

Beim Bedarf eines Ehegatten geht es darum, dass dieser keine andere Wohnmöglichkeit hätte oder sich schaffen könnte, weil keine finanziellen Mittel vorhanden sind. Er wäre, wenn er die Wohnung nicht zugeteilt erhält, von Obdachlosigkeit bedroht.

Unter diesen Voraussetzungen ist die Ehewohnung sogar dann in die Aufteilung miteinzubeziehen, wenn sie Teil des Sondervermögens eines Ehegatten ist, das eigentlich von der Aufteilung ausgenommen wäre.

Ein weiteres Beispiel

Herr und Frau S. haben gemeinsam 3 Kinder. Während der Ehe stirbt die Tante von Herrn S. und vererbt ihm ein Einfamilienhaus am Stadtrand. Die Familie ist glücklich, dort hinziehen zu können, weil das Haus ideale Verhältnisse für eine Familie mit Kindern bietet. Herr S. ist beruflich viel unterwegs. Frau S. verliebt sich in einen Nachbarn. Die Ehegatten möchten sich jetzt scheiden lassen. Die Kinder sollen nach der Scheidung bei Frau S. bleiben.

Wer kann bei der Scheidung das Haus übernehmen?

Das Haus wäre als Vermögenswert, den Herr S. geerbt hat, von der Aufteilung grundsätzlich ausgenommen. Allerdings gilt für die Ehewohnung unter Umständen die Sonderregelung. Frau S. arbeitet wegen der Betreuung der Kinder nicht und hat gegen ihren Ehemann aufgrund ihres Ehebruches keinen Unterhaltsanspruch. Finanzielle Mittel, die die Finanzierung einer angemessenen Wohnung für Frau S. und die drei Kinder erlauben würden, sind nicht vorhanden.  Die Kinder  haben ihre Freunde in der Gegend und gehen in unmittelbarer Nähe des Hauses zur Schule.

Hier kann nun das Gericht im Aufteilungsverfahren zu dem Ergebnis kommen, dass Frau S. mit den Kindern im Haus wohnen bleiben kann und Herr S. zwar Eigentümer des Hauses bleibt, aber ausziehen muss.

Schutz vor benachteiligenden Vermögensverschiebungen

Wenn ein Ehepartner wegen der bevorstehenden Scheidung aufzuteilendes Vermögen umschichtet oder beiseite schafft, könnte er so den anderen bei der Aufteilung benachteiligen. Vor einer solchen Benachteiligung schützt das Gesetz. Eine ungewöhnliche Verringerung des Vermögens ohne Zustimmung des anderen Partners innerhalb von zwei Jahren vor Einbringung der Scheidungsklage oder einer früheren Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist wertmäßig zu berücksichtigen.

Ausgleich für Investitionen ins Unternehmen

Wurde eheliches Vermögen in ein Unternehmen investiert, ist der Wert des investierten Vermögens bei der Aufteilung zu berücksichtigen. Ein wertmäßiger Ausgleich ist auch vorgesehen, wenn Betriebsvermögen während der Ehe privat genutzt wurde.

Schulden und Kredite

Kredite, die zur Deckung des ehelichen Lebensaufwandes aufgenommen wurden (z.B. Schulden aus der Finanzierung eines gemeinsamen Urlaubs) werden aufgeteilt. Wurde Gebrauchsvermögen mit einem Kredit finanziert, wie etwa der Kauf eines Autos oder der Eigentumswohnung, muss der Ehepartner, der den Vermögenswert erhält, auch den Kredit zur Rückzahlung übernehmen.

Das Gericht kann für den Kreditgeber verbindlich anordnen, dass ein Ehepartner Hauptschuldner und der andere Ausfallsbürge eines Kredites wird.

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