Scheidung aus Verschulden eines Partners

Scheidung aus wichtigem Grund

Können sich die Ehepartner auf eine einvernehmliche Scheidung nicht einigen, kann der „scheidungswillige“ Ehepartner gegen den Willen des anderen die Ehe nur aus wichtigem Grund mit Scheidungsklage beenden.

Die Ehe ist ein unbefristeter privatrechtlicher Vertrag. Bei anderen Dauerrechtsverhältnissen wie Dienstverträgen oder Mietverträgen ist eine „Kündigung“ möglich, für die ein wichtiger Grund nicht erforderlich ist. Bei der Ehe nicht. Gegen den Willen des anderen Ehepartners kann die Ehe nur geschieden werden, wenn dieser eine schwere Eheverfehlung gesetzt hat (sogenannte Scheidung aus Verschulden).

Das Gesetz geht vom Zerrüttungsprinzip aus: die schwere Eheverfehlung muss zur Zerrüttung der Ehe geführt haben, damit die Ehe vom Gericht geschieden werden kann.

In vielen Fällen haben sich die Ehepartner auseinandergelebt, ohne dass einem von ihnen die Schuld am Scheitern der Ehe vorgeworfen werden kann. In diesem Fall scheidet die Möglichkeit einer Verschuldensscheidung aus. Hier kann ein Ehepartner gegen den Willen des anderen die Scheidung erst durchsetzen, wenn die häusliche Gemeinschaft zwischen den Ehepartnern seit mindestens 3 Jahren aufgehoben ist.

Auch der Ehepartner, der am Scheitern der Ehe „schuld“ ist, kann gegen den Willen des „schuldlosen“ Partners die Scheidung nur erzwingen, wenn die häusliche Gemeinschaft seit mindestens 3 Jahren aufgehoben ist.

Vorsicht beim Auszug!

Wer auszieht, um die häusliche Gemeinschaft aufzuheben und die Voraussetzungen für eine Scheidung zu schaffen, muss sich dessen bewusst sein, dass er selbst durch den Auszug eine schwere Eheverfehlung setzt. Auch wenn der Ausziehende der Meinung ist, die Ehe wäre ohnedies bereits gescheitert, kann der Auszug ein böswilliges Verlassen darstellen. Denn ob die Ehe wirklich schon völlig zerrüttet war, entscheidet letzlich das Gericht. Ein Auszug kann womöglich lebenslange Unterhaltspflichten gegenüber dem anderen Ehepartner zur Folge haben.

Bevor man sich daher zum Auszug entschließt, sollte man genau prüfen, ob nicht andere Möglichkeiten, eine Scheidung einzuleiten offen stehen. Oft können Verhaltensweisen des anderen Ehepartners, an die man sich – nicht zuletzt um Streitereien aus dem Weg zu gehen – schon „gewöhnt hat“, durchaus das Gewicht einer schweren Eheverfehlung haben. So können unter Umständen belastende Unterhaltspflichten vermieden werden.

Ist der andere Partner mit dem Auszug einverstanden, sollte unbedingt seine schriftliche Zustimmung gesichert werden.

Unser Tipp für den Verlassenen

Der verlassene Partner könnte in vielen Fällen die Scheidung wegen Verschuldens des anderen beantragen (böswilliges Verlassen ist ein Scheidungsgrund!). Tut er dies nicht, sondern wartet die Klage des anderen ab, führt dies unter Umständen zu einer erheblich besseren unterhaltrechtlichen (und pensionsrechtlichen) Stellung nach der Ehe. Als sogenannte „Durchhalteprämie“ winkt unter bestimmten weiteren Voraussetzungen die Witwenpension in voller Höhe, was für den einkommenslosen Partner aus einer „Hausfrauenehe“ entscheidend sein kann. In diesem Fall empfiehlt sich daher nicht selbst die Scheidungsklage einzubringen sondern die Klage des anderen abzuwarten und im Verfahren den Verschuldenseinwand erheben.

Der Seitensprung als Scheidungsgrund?

Wir hören immer wieder die Meinung, dass ein Seitensprung kein Scheidungsgrund mehr sei. Diese Ansicht ist unrichtig. Das Eherechtsänderungsgesetz 1999 hat den Ehebruch als Scheidungsgrund nicht beseitigt, sondern ihn lediglich von einem „absoluten“ Scheidungsgrund zu einem „normalen“ Scheidungsgrund degradiert. Der Ehebruch ist also nach wie vor eine schwere Eheverfehlung und führt zur Scheidung der Ehe, wenn er zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat.

Der Ehebruch kann also nach wie vor zur Scheidung der Ehe führen und beim untreuen Ehepartner zum Verlust von Unterhaltsanspruchen!

Welche Scheidungsgründe gibt es?

Eine schwere Eheverfehlung kann nach der Rechtssprechung jedes Verhalten sein, dass sich gegen das Wesen der Ehe und die damit verbundenen Pflichten richtet und so gravierend ist, dass dem anderen Ehepartner die Fortsetzung der Ehe unerträglich gemacht wird.

Schwere Eheverfehlungen sind beispielsweise:

  • Ehebruch
  • körperliche Misshandlung
  • schwere Kränkungen und Psychoterror
  • unbegründeter Auszug aus der gemeinsamen Wohnung (böswilliges Verlassen)
  • Verletzung der Unterhaltspflicht
  • grundlose Eifersucht
  • Zanksucht, Hysterie
  • Vernachlässigung der Haushaltsführung
  • Verletzung der Pflicht zur gemeinsamen Haushaltsführung, wenn beide Ehegatten berufstätig sind
  • andauerndes liebloses und feindseliges Verhalten oder beharrliches Schweigen
  • grundlose Verweigerung des Geschlechtsverkehrs
  • übermäßige geschlechtliche Anforderungen an den Ehepartner
  • Verletzungen des Einvernehmlichkeitsgebots, wie heimliche Abhebungen vom Konto, heimliche größere Investitionen, Verschweigen des Einkommens oder der Ersparnisse, heimlicher Schwangerschaftsabbruch …
  • Verletzungen der Pflicht zur anständigen Begegnung, wie Alkoholismus, liebloses und feindseliges Verhalten gegenüber dem Partner, Ausgrenzung des Partners von den Freizeitaktivitäten …
  • Anzeige des Ehepartners beim Finanzamt
  • Aussperren aus der Wohnung oder dem gemeinsamen Schlafzimmer
  • usw.

Verzeihung

Eine Verschuldensscheidung ist nicht mehr möglich, wenn der (schuldlose) Ehepartner dem anderen verziehen hat. Dass der gekränkte Ehepartner mit der Scheidung etwas zuwartet, bedeutet noch keine Verzeihung. Verzeihung setzt einerseits voraus, dass dem gekränkten Ehepartner die Eheverfehlung des anderen in vollem Umfang bekannt ist. Andererseits muss sich aus dem Verhalten des Verzeihenden klar ableiten lassen, dass er vorbehaltlos dem anderen verziehen hat und die Ehe fortsetzen möchte.

Fristen

Der verletzte Ehepartner muss innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis vom Scheidungsgrund die Scheidungsklage einbringen sonst erlischt das Recht auf Scheidung wegen Verschuldens. Bei einem fortgesetzten ehewidrigen Verhalten wie Ehebruch beginnt die Frist mit der letzten ehewidrigen Handlung zu laufen. 10 Jahre nach Eintritt des Scheidungsgrundes ist eine Klage jedenfalls verfristet, unabhängig davon, wann der gekränkte Ehegatte Kenntnis vom Scheidungsgrund erlangt hat.

Solange die häusliche Gemeinschaft zwischen den Ehepartnern aufgehoben ist, ist der Fristablauf gehemmt. Die 6-monatige Frist kann dann nicht ablaufen.

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