Scheidung durchsetzen: der Weg zur Scheidung

Frau M. und Herr S.:

Frau M. möchte sich scheiden lassen. Sie hat schon öfter versucht, mit ihrem Mann darüber zu reden. Die Gespräche enden immer damit, dass er sagt, er sei mit einer einvernehmlichen Scheidung einverstanden, würde aber keinesfalls aus der gemeinsamen Eigentumswohnung ausziehen. Frau M. kann sich nicht vorstellen, wie sie für sich und die beiden Kinder eine neue Wohnung finanzieren soll. Mit Mediation oder Collaborative Law ist Herr M. nicht einverstanden.

Herr S. hat seine Frau schon öfter darauf angesprochen, dass aus seiner Sicht die Ehe nur mehr auf dem Papier besteht, weil jeder Partner seine eigenen Wege geht. Frau S. hat nie wirklich Zeit für ein Gespräch. Er hat den Eindruck, sie würde ihm aus dem Weg gehen und möchte über dieses Thema nicht sprechen.

Wie können Frau M. und Herr S. ihren Scheidungswunsch durchsetzen?

Vermittler im Familien- oder Freundeskreis

Wir hören oft von unseren Klienten, dass ihr Partner über eine Scheidung überhaupt nicht reden möchte. Oft ist ein Gespräch zwar möglich, aber der Partner stellt unannehmbare Forderungen. Um nun ein konstruktives Gespräch in Gang zu setzen ist es oft hilfreich, jemand Dritten als Vermittler beizuziehen. Dies kann ein Freund sein oder ein Familienangehöriger, dem beide Partner vertrauen.

Unser Tipp: Um mit dem Partner über die Scheidung sprechen zu können, ist es oft hilfreich, sich an einem neutralen Ort zu verabreden, zum Beispiel einem Kaffeehaus. Es sollte auch klar sein, was das Thema des Gespräches ist, damit sich beide darauf vorbereiten können.

Mediation

Vielleicht können sich die Partner auch darauf einigen, eine Mediation zu beginnen. Der Mediator ist eine Art neutraler Mittler, der hilft, ein Umfeld und ein Kommunikationsklima zu schaffen, in dem die Partner besser miteinander verhandeln und so eine Lösung finden können.

Collaborative Law

Oft fühlen sich Menschen gerade in emotional belastenden Situationen wie einer Scheidung nicht stark genug, selbst für Ihre Anliegen und Bedürfnisse einzutreten. Sie fühlen sich sicherer mit Unterstützung an ihrer Seite. Das Collaborative Law Verfahren vereint die Vorteile der Mediation mit denen anwaltlicher Unterstützung. Jeder Beteiligte hat einen eigens geschulten Rechtsanwalt an seiner Seite, der ihn in den Verhandlungen unterstützt. Auch das Collaborative Law Verfahren setzt auf konstruktive Gespräche mit dem Ziel, eine Lösung zu finden, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.

Anwaltsbrief

Oft muss der scheidungswillige Partner den Schritt zum Rechtsanwalt oder zum Gericht tun, um dem anderen zu zeigen, dass es ihm mit der Scheidung ernst ist. Mit dem Rechtsanwalt kann der Partner die verschiedenen Möglichkeiten, wie beispielsweise das Collaborative Law Verfahren, besprechen, die zur Lösung des Konflikts zur Verfügung stehen.

Dabei ist der Brief des Rechtsanwalts grundsätzlich das weniger eskalierende Mittel als die Scheidungsklage, vor allem wenn dieser Brief sachlich formuliert ist, und einen ausgeglichenen Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung enthält. Der Rechtsanwalt kann den anderen Partner zu einem Gespräch einladen. In vielen Fällen kommt durch einen solchen Brief das festgefahrene Gespräch zwischen den Partnern wieder in Gang, und sie brauchen den Anwalt nur mehr zum Aufsetzen der Scheidungsvereinbarung oder sonstigen Regelung, auf die sie sich „am Küchentisch“ geeinigt haben. Oft setzen sich die Partner mit ihren jeweiligen Rechtsanwälten zusammen und verhandeln gemeinsam eine einvernehmliche Lösung.

Scheidungsklage

Findet sich der Ehepartner nicht „freiwillig“ zu einem Gespräch bereit, bleibt die Scheidungsklage einzubringen. Am Gerichtsverfahren muss sich der andere beteiligen, will er nicht erhebliche Nachteile riskieren.

Betroffene fürchten sich oft davor, zu Gericht zu gehen, weil sie Angst haben, damit ein streitiges Verfahren und einen Rosenkrieg loszutreten. Diese Sorge ist jedoch unbegründet. Jeder Richter wird am Beginn eines  Scheidungsverfahrens mit den Parteien darüber reden, wie eine einvernehmliche Lösung möglich wäre. Eine solche kommt in den allermeisten Fällen unter Mitwirkung des Richters auch tatsächlich zustande. Die streitige Scheidung wird dann ganz einfach auf eine einvernehmliche Scheidung umgestellt.

Die Scheidungsklage kann also als taktisches Mittel eingesetzt werden, den anderen zu Gesprächen über eine einvernehmliche Lösung zu veranlassen.

Wir empfehlen: jede taktische Scheidungsklage sollte kurz und möglichst neutral gehalten werden. Würde man in dieser Klage die Verfehlungen des anderen zu sehr betonen, würde dadurch eine einvernehmliche Lösung erschwert oder gar unmöglich gemacht.

(Mehr zum Verlauf des streitigen Scheidungsverfahrens hier …)

Zu den Beispielen:

Frau S. könnte sich bei einem Rechtsanwalt über die rechtliche Situation informieren und mit ihm ihre Möglichkeiten klären. Der Rechtsanwalt könnte Herrn M. einen Brief mit einem Angebot für eine einvernehmliche Ehescheidung schicken. Reagiert Herr M. auf dieses Schreiben nicht, könnte Frau M. die Scheidungsklage einbringen. Die Chancen stehen gut, dass unter Mitwirkung des Richters eine einvernehmliche Scheidung zustande kommt.

Herr S. könnte seine Frau zu einem Gespräch einladen und ihr dafür ganz konkrete Termine vorschlagen oder ihr eine Mediation anbieten. Vorher sollte er sich über die rechtliche Situation und seine Möglichkeiten informieren. Reagiert Frau S. nicht, könnte ein Anwaltsbrief folgen. Bleibt auch dieser ohne Antwort von Frau S., könnte als letzter Weg eine Scheidungsklage eingebracht werden, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Scroll To Top